Wir nennen es Arbeit (Woche 19)

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Heute sind wir in eine vierwöchige New Work Reise gestartet, wir nennen das Format Journethon und gestalten so unsere Arbeit. Mit dem Auftakt hatte ich die Aufgabe, etwas zur Entstehungsgeschichte von New Work zu erzählen, und ich habe es – oh Wunder! – ganz ohne die Erwähnung von Fritjof Bergmann geschafft, dafür aber mit Dr. Wohland und Herrn Kondratiew.

Bei Adam und Eva anfangend, ging es los mit der Geschichte von Stolz, Entscheidungsmacht und Time for money.

Wir nennen es Arbeit

Vor ca. 9000 Jahren, da lebten wir als Menschen in kleinen meist ländlichen Gemeinschaften und gingen aufs Feld, damit bis zum Winter genug zu Essen für das Dorf da war. Das nannte niemand Arbeit, und mit dem Wort “Work-Life-Balance” würde garantiert niemand etwas anfangen können.

Vor 4000 Jahren, da gab es im antiken Griechenland fast 6 Monate zum Feiern von religiösen und sportlichen Festivitäten. Arbeiten?

Bis ins 19 Jahrhundert war arbeiten an 52 Wochen im Jahr nirgendwo Usus. England fing als erstes an, mehr als europäische Nachbarn zu arbeiten. Frankreich garantierte 180 Tage für Erholung, in Spanien waren es 5 Monate.

Alte Arbeit, neue Arbeit

Wo fing es also an mit dem, was wir heute “Arbeit” nennen oder als Arbeit für “normal” halten – mit 40 Stunden pro Woche, drei Wochen Urlaub und regelmäßigen Lohnerhöhungen.

Es fing ca. 1776 mit den Dampfmaschinen. Farmer und Feldarbeiter wurden zu Fabrikarbeitern, Monotonie kam rein. In dem feien Buch “Do nothing” (How to Break Away from Overworking, Overdoing, and Underliving) nennt die Autorin diese Phase “Transfer of power” – den Arbeitern gehörte plötzlich nichts, weil sowohl die Gerätschaften als auch die Fabriken den Fabrikanten gehörten.

Als einen zweiten Effekt in dieser Übergangsphase wird “Transfer of pride” genannt. Der Stolz für das Erarbeiten von etwas eigenem bleibt aus, weil die Arbeit nicht mehr selbstbestimmt ist und nicht einem klaren Zweck dient. Diese Entkopplung vom Purpose der eigenen Tätigkeit ist bis heute leider in sehr vielen Firmen anzutreffen.

Und das dritte “Ei”, das der Arbeit dabei gelegt wird heisst “Time for money”: die Menschen werden nicht für Leistungen, sondern für Stunden in einer Fabrik bezahlt. Der Mensch wird enthumanisiert, als ein Zusatz zu der Dampfmaschine angesehen. Leistung- und Zeitdruck sind plötzlich da.

Es besteht Hoffnung

Im Jahre 2013 habe ich eine Präsentation gehalten, und diese hat bis heute auf meiner Festplatte überlebt. Dadurch ist ein feiner Artefakt entstanden, denn in 2013 lag das Jahr 2020 sehr weit in der Zukunft, und niemand konnte ahnen, wie sehr Corona Einfluss nehmen wird auf unsere Arbeit.

Es ging in der Präsentation um die sogenannten Kondratiew-Wellen und die Konjunktur.

Die Nachfolgen von N. Kondratiew haben vorhergesagt, dass die 6. Kondratiew-Welle – im Unterschied zu den vorherigen fünf – den Menschen in die Mitte der wirtschaftlichen Entwicklung stellen wird. Keine Maschine, keine Technologie. Die Rehumanisierung der Arbeitswelt soll dafür sorgen, dass die Wirtschaft wieder “anzieht”. Ganzheitliche Gesundheit – Geist und Körper als Einheit betrachtet – sollten der Treiber von Wachstum sein.

Und nun haben wir als Katalysator dieser Entwicklung Corona bekommen. Die Statistiken über wachsende Verkaufszahlen von Antidepressiva und Schlafmitteln waren nicht deutlich genug. Die Zahl der Burnout Fälle war nicht genug. Die Technologie, die das entspanntere Arbeiten von Zuhause ermöglichte, war nicht genug.

Brauchten wir wirklich Corona, um uns endlich zu besinnen und für möglich zu halten, entspannter zu arbeiten?

Wenn ja, dann ist es ja gar keine Krise und wir sollten es feiern. Oder?

petranovskaja Unterschrift signatur

Mein Corona-Tagebuch

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