Dreimal DIE und einmal DAS (Woche 14)

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Die Baustelle

Draußen wird ein Straßengraben mit Sand gefüllt und mit einem Rüttler plattgerüttelt. Es ist ein tiefes dumpfes Geräusch. In den Mitteltönen reiht sich unser Maler Stefan in das Geschehen ein, er schleift gerade die Türen ab mit einem elektrischen Schleifgerät, der an einen Staubsauger angeschlossen ist. Damit das Orchester vollständig ist, fügt unser Fliesenleger ein Säge-Geräusch hinzu, den korrekten Namen seines Geräts habe ich gerade nicht parat.

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Es ist laut. Es soll schön werden, und darum ist es inzwischen laut und staubig und nervenaufreibend. Darf sich der Raum unter der Fliese hohl anhören? Wird die Leitung, die wir gerade zuggespachtelt haben, den Strom an die richtige Stelle in der Wand bringen? Klappt das mit diesen und jenen Details, die wir in unzähligen Diskussionen und zum Teil zermürbenden Entscheidungsprozessen mit Herstellern, Händlern und Handwerkern festgelegt haben?

petranovskaja blog corona tagebuch woche 14 work in progress
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Ein Umbau ist Arbeit. Viel Arbeit. Ein Umbau ist mit vielen, sehr vielen Entscheidungen verbunden, die immer wieder getroffen werden müssen. Auch wenn es für einige Stellen in unserer Wohnung klare Bilder und Wünsche von Anfang an gab, sind die meisten davon während der Baustellenzeit abgeändert worden. Weil etwas leichter geht oder nicht geht. Weil wir mit jedem Schritt, den wir schon gemacht haben, neue Erkenntnisse gesammelt haben, und diese können wir dann nutzen, um neu zu entscheiden.

Vermutlich würden jetzt einige Leser aufspringen und sagen: Ja, das ist es, agile Vorgehensweise!
Vielleicht würden andere Leser aufspringen und sagen: das ist doch ganz normal, Work in progress!

Die Maske

Weiß die Natur eigentlich, wie der Schmetterling aussehen wird, der sich aus der Raupe ergibt? Diese Frage treibt mich manchmal um.
Muss die Natur das wissen?

Zurück auf uns bezogen: Wissen wir, wie das New Normal aussehen wird? Sollten wir das wissen? Manche geben jetzt schon Schulungen mit der Überschrift „So kommst du in drei Schritten zu New Normal“. Ich bin baff.

Und Corona… Gibt es sie noch? Hier auf der Baustelle merke ich nichts davon. Ich werde regelmäßig daran erinnert, wenn ich in ein Geschäft möchte, Milch und Brot holen. Dann gibt es sie wieder, die Abstandsregeln und die Masken. Apropos Masken, es gibt da auch andere Schilder (gesehen bei Nettchen in Glücksstadt).

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Die Tochter

Meine Tochter ist zurück. Der Hamburger Flughafen, auf dem am Samstag nur alle 2-3 Stunden ein Flugzeug landet, gleich einer Geisterstadt. Alle Geschäfte zu, Parkhaus praktisch leer, nur ein paar Menschen, die zusammen mit uns auf das Flugzeug aus München warten.

Die unvergessliche Anekdote unseres Lebens: Wir warten an diesem Tag am längsten. Als nach fast 30 Minuten kein Gast mehr rauskommt, wir aber immer noch warten, geht der Security Mitarbeiter mit einer Zigarette in die Pause an uns vorbei. Was wir hier täten, fragt er. Schließlich kommt die nächste Maschine erst in zwei Stunden. Wir warten auf unsere Tochter. Da ist aber keiner mehr, meint er. Er gehe erstmal rauchen, dann schaut er nochmal. Seine innere Ruhe möchte ich haben!

Als er – immer noch die Ruhe selbst – in sechs Minuten wieder zurück kommt, stehen wir immer noch da und warten. Er geht hinein und kommt gefühlte 100 Minuten später wieder. Da würde noch eine junge Dame am Band stehen. Wir dürfen rein und unser Kind umarmen. Auch sie ist die Ruhe selbst.

Auf die Frage, wo sie so lange war, bekommen wir eine klare Auskunft: sie war auf der Toilette und hat sich komplett umgezogen. Schließlich war sie mit zweimal Umsteigen an vier Flughäfen der Welt und wolle auf keinen Fall von irgendwo Corona mitbringen.
Auch der Koffer und der Rucksack werden komplett mit Desinfektionstüchern abgewischt, bevor wir diese ins Auto beladen.

Das Fahrrad

Ein Kapitel hat meine Woche noch. Ich habe mir ein Fahrrad gekauft. Das letzte ist mir mitten in Hamburg geklaut worden. Jetzt rolle ich wieder und stelle fest, dass der Ausdruck „Das ist wie Fahrrad fahren, das verlernt man nicht“ für mich nicht ganz gilt. Die Kurven oder das Umdrehen auf schmalen Stellen ist definitiv in die Kategorie „Schwach und ausbaufähig“ einzutragen.

Wir haben in Hamburg ja eine teilgrüne Regierung, und wir sollen ein bisschen wie Copenhagen werden. Wenig Autoverkehr, viel Ruhe, viel Grün, viele Fahrradfahrer. Als jemand, der bis 2011 gar kein Auto hatte und danach in den Genuss der Sitzheizung kam, war ich nicht so glücklich mit diesen Zukunftsbildern. Ich werde sie nun für mich im Sinne von „Work in progress“ selbst erkunden und Erfahrungen sammeln. Mit Wind und Wetter und mit den Autofahrern und Fussgängern. Meine Fahrradtasche steht bereit, da passt mein Laptop viel besser rein, als in meine Handtasche, und so bin ich offen für neue Erfahrungen in der wunderschönen Stadt, in der ich so gern lebe.

Es fühlt sich an, als wäre das sein 14 Wochen die erste Woche, in der ich mit Zuversicht und Freude nach vorn schaue und weniger kritisch oder auf Krawall gebürstet bin.

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Das nehme ich mit.

Danke fürs Zuhören,

petranovskaja Unterschrift signatur

Mein Corona-Tagebuch

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