Kopfstand ist für vieles gut. Als ich mit Ende 30 angefangen habe, Yoga zu praktizieren, schien mir Kopfstand eine unerreichbare Übung zu sein. Und gleichzeitig etwas, was ich sehr gern können wollte. Ohne Druck, ohne Termin und mit viel Selbstliebe bin ich eines Tages ganz allein in den Kopfstand gekommen und habe mich zuerst erschrocken und erst dann gefreut.
Kopfstand im übertrageneren Sinne ist auch eine gute Übung. Dinge andersherum betrachten und gute Fragen stellen. Zum Beispiel:
Braucht eine Stadt eine Einkaufsstraße?
Angeregt wurde diese Frage durch die Nachricht, dass mehrere Filialen von Karstadt und Kaufhof geschlossen werden. Und unterstützt von einem wunderbaren Blogeintrag der Doppelspitze – Make shopping great again. Lesenswert!
Meine Kopfstand-Gedanken dazu: Was würden wir tun, wenn wir plötzlich Platz mitten in der Stadt hätten, der frei zu gestalten wäre? Wenn wir uns von der mittelalterlichen Gewohnheit lösen könnten, dass in der Mitte der Burg gehandelt wird. Weil wir längst einen Großteil des Handelns online tun und uns unser Gemüse und unsere Wasserkisten nach Hause liefern lassen.
Wofür wollen wir den Platz in der Mitte unserer Stadt nutzen?
Hast du spontane Bilder im Kopf? Wie sehen diese aus?
Braucht eine Firma eine Bürofläche?
Auch hier reichen die Traditionen weit in die Vergangenheit zurück. Wappen und Stammfarben wurden zu Logos und Corporate Identity. Briefpapier und Wandfarben signalisieren Zugehörigkeit. Büro-Standort erzählt einiges darüber, als was das Unternehmen sich ansieht und wie gut es dem Unternehmen geht.
- Wie viel mehr Mehrwert könnte ein Unternehmen generieren, wenn die Mitarbeiter sich nicht jeden Morgen in dem Büro treffen müssten?
- Was entgeht uns, weil wir zwischen dem gemütlichen Zuhause und dem oft ungemütlichen Office hin und her fahren?
- Ist es möglich, die Menschen die Arbeit dort machen zu lassen, wo sie am besten arbeiten wollen?
Gewiss, das können sich nicht alle aussuchen, schon gar nicht alle Berufsgruppen. Ein Frisör kann aber sowohl in einem Salon als auch bei mir zuhause die Haare schneiden. Und ein Arzt kann mit Hilfe der modernen Technik eine Diagnose aus der Ferne stellen, wenn ich ihm die Daten übermittle.
Was ist gut an Arbeitslosigkeit?
Können wir das Stigma “arbeitslos” positiv belegen? Der Mythos einer möglichen Vollbeschäftigung widerspricht komplett einem humanistischen Verständnis von dem, wer wir sind. Wir sind keine Kühe, die an der Menge der milch gemessen werden, die sie abgeben. Wir sollten weder in Produktivität noch in Effizienz denken.
Wir sind so viel mehr!
Es tut mir immer wieder weh zu sehen, wie viele Menschen unglücklich sind mit dem, w as sie tun. Sie denken, sie müssten das tun. Und weil sie nicht glücklich mit der Aufgabe sind und nicht wollen, wird das Ergebnis solala.
Daraus resultieren Fehler, Probleme, Reklamationen, weitere Probleme. Weil das so ist, braucht es wieder Qualitätsbeautragte und andere Sorten von Aufpassern, Schadensgutachter und Anwälte… Wir beschäftigen uns selbst, und es ist anstrengend und laut.
Wie wäre es mit mehr Stille?
Wie wäre es, wenn jeder, der seine Arbeit nicht mag, sofort aufhört, dieses etwas zu tun. Wenn wir dann in der Stille, die dann entstünde, uns Zeit nehmen zu schauend as wir wirklich brauchen?
Corona war so hilfreich darin zu erkennen, was wir alles nicht brauchen! Es ging uns eine Weile rechts gut mit weniger. Und es wurde in vielen Bereichen klar, was wir wirklich brauchen.
Was wir wirklich brauchen
Das Miteinander. Die Zeit.
Einen Kopfstand kann man paar Momente genießen. Irgendwann will der Körper aber zurück in das Gewohnte. Ich habe allerdings noch eine Liste mit weiteren Fragen, und vielleicht magst du deine Fragen hinzufügen?
- Reicht die Krise, um Transformation zu machen?
- Wen interessiert es?
- Müssen Bordellbesucher Maske tragen?
- Sind diejenigen, die sich bewusst nicht an Corona-Regeln halten, vielleicht intuitiv klug?
- Was würden wir in einem zweiten Lockdown anders machen?
- Retten wir mit Subventionen und Maßnahmen das Richtige?
- Wer entscheidet das?
- Ist es vielleicht ein Segen für die Innenstadt, dass große Kaufhäuser geschlossen werden?
- Wie können wir richtige Fehler machen, um zu lernen?
- Welches Öl gehört ins Feuer der Krise, damit mehr passiert?
- Welche Chancen verpassen wir gerade, weil Sommer ist?
- Hilft Coronavirus uns, bessere Menschen zu werden?
- Wenn ja, wie lange sollte die Krisensituation noch dauern?
- Welche Ideen haben wir während dieser Krise zu wenig beachtet?
- Wem sollten wir genauer zuhören?
- Brauchen wir wirklich Antworten auf die Fragen in unserem Kopf?
Was denkst du? Danke für das Vorbeischauen :-)
Mein Corona-Tagebuch
- Woche 1 (Stammhirn)
- Woche 2 (umlernen)
- Woche 3 (Raupen optimieren)
- Woche 4 (emotional)
- Woche 5 (nachdenklich)
- Woche 6 (baff)
- Woche 7 (Abbruch)
- Woche 8 (fragil)
- Woche 9 (Störung)
- Woche 10 (Digi-Tal)
- Woche 11 (skurril)
- Woche 12 (There is no “new normal”)
- Woche 13 (Mehr Karussel bitte!)
- Woche 14 (Dreimal DIE und einmal DAS)
- Woche 15 (Monopoly)
Viele gute Fragen finde ich – Ich frage mich warum viele von uns meistens sofort eine Antwort geben wollen, statt weitere Fragen zu finden? Danke für die Anregungen – vielleicht kommen mir neue Fragen als Antworten zu.
Neue Fragen! Danke Heinrich! das ist ein schönes Bild. Es gibt eine Übung dazu, nennt sich “Wicked Question Game” – statt sich zu unterhalten, stellt man einender nur Fragen, die entstehen, wenn man so miteinander ist.
Von welcher Frage drückst du dich? ;-)