In diesem zweiten Teil stelle ich weitere Ideen für gute Meetings und Workshops ganz ohne technischen Schnick-Schnack. Die Resonanz auf den ersten Teil war sogar besser als erwartet, darum gibt es am Ende des Beitrages einen Bonus, der ursprünglich nicht inbegriffen war ;-)
Weg mit Technik-Schnick-Schnack!
Wir sitzen oder stehen vor unseren Computern, wir sehen nur Bruchteile unserer Körpersprache, wir sind begrenzt auf den visuellen Wahrnehmung-Kanal, und dann kommt all die Arbeit mit der Maus. Klicken, schieben, Doppelkick… Tastatur und Monitor sind zu unseren erweiterten Körperteilen geworden.
Das bringt mich zu einer Aufwärmen- und Kennenlernübung, bei der es vor allem um Zuhören geht. Zum einen hören die Teilnehmer in sich selbst hinein, zum anderen hören sie einander zu. Idealerweise schickst du sie dazu in Paaren in Breakout Rooms. Geht im Fall der Fälle auch über das stille Schreiben im Chat.
Impossible Year
Wir alle haben es erlebt: das eine Jahr mit Corona. Teile mit deinen Teilnehmern den Fakt, das wir meistens ÜBERschätzen, was wir in einem Jahr schaffen und UNTERschätzen, was wir in drei bis fünf Jahre schaffen können. Stelle allen die Frage:
Was hielt ich vor einem Jahr in den ersten Corona-Pandemie Wochen für absolut unmöglich? Was ist daraus geworden?
Gib allen zuerst paar Minuten Zeit, sich zu besinnen. Beginne dann mit dem Austausch. Entweder in den Paar-Gesprächen oder im Chat.
Sammelt anschließend gemeinsame Erkenntnisse:
- Was ist geschehen, obwohl wir es nicht für möglich hielten?
- Was geschah nicht, obwohl wir es für möglich hielten?
Auch wenn es sehr verführerisch ist, die Sätze der Teilnehmer zu kommentieren und zusammenzufassen, würde ich die Arbeit hier der Gruppe überlassen. Warum, erkläre ich in diesem Blogbeitrag.
Hast du mit der Gruppe etwas mehr Zeit und möchtest du die Teilnehmer mehr aktivieren, kannst du eine erweiterte Version nutzen, und zwar:
Mini-Toaster
Auch hier arbeiten die Teilnehmer in Paaren. Wer beginnt, bringt einen Satzanfang und eine handelnde Person (oder ein Gegenstand) ins “Spiel”, zum Beispiel:
Nadja’s rote Schuhe hätten vor einem Jahr nicht geglaubt, dass sie ein Jahr im Schrank bleiben. Eines Tages jedoch…
Warum nennt sich die Übung “Toaster”? Weil der, der spricht, aufstehen muss. Während ich spreche, kann die andere Person aufspringen – zum Beispiel, um den Satz zu beenden. Genau so kann sich aber auch jeder hinsetzen und damit den anderen auffordern, weiter zu machen.
Warum Mini-Toaster? Weil es Absicht ist, dass man nicht zu lange spricht. Die Geschichte kann in diesem Fall total frei erfunden sein – sie lehnt sich an die Prinzipien des Improvisationstheaters (“Ja, genau! Und…” plus im Moment sein) und aktiviert natürlich auch die Lachmuskeln.
🌈 Mehr grandiose Ideen für (online) Moderation findest du in dem Set der Wondercards.
Gib den Teilnehmern eine Bespiel-Geschichte, bevor du sie in Paaren spielen lässt. Klare Regeln sind das A und O, in dem virtuellen Raum noch mehr als sonst. Zum Debriefing eignen sich Fragen wie:
- War ich ein Teil der Geschichte?
- Habe ich mich von der Stimmung meines Partners anstecken lassen?
- Habe ich meinen Partner mit meiner Stimmung anstecken können?
- War ich ein guter Zuhörer?
Und wo wir beim Zuhören sind, eine Übung für Paare, die etwas mehr Zeit braucht und vielleicht auch in die Tiefe geht:
Unfortunately/luckily
Bitte die Teilnehmer, sich paar Dinge aufzuschreiben, die im Moment nicht so laufen, wie sie sollten. Auch hier kannst du in Paaren arbeiten. Bewährt hat sich aber auch kleine Gruppengröße. Ablauf ist einfach:
Der “Fallgeber” sagt, was LEIDER nicht so ist, wie es sein sollte (etwas von seiner Liste)
Der oder die Partner hören zu, fühlen mit, denken nach und formulieren einen Satz mit dem Bezug zu der Situation. Dieser Satz beginnt mit ZUM GLÜCK und stellt die Kehrseite der Medaille dar.
Hier geht es – neben dem aktiven Zuhören – darum, die verschiedenen Perspektiven auf die gleiche Situation kennenzulernen. In kleinen Gruppen bietet es sich an, dass jeder sich zuerst die eigene Antwort im Stillen aufschreibt und die Gruppe dann nach und nach die verschiedenen Perspektiven teilt.
Debriefing geht in viele Richtungen und hängt von deiner Gruppe und dem Session-Ziel ab. Hunderte von DEbriefing-Ideen bietet dir das ganz tolle Debriefing Cube von Julian Kea.
Und weil wir heute so schön beim Thema #Zuhören sind, eine Übung, die regelmäßig für Aha-Erlebnisse sorgt:
Palme malen
Im virtuellen Raum sende ich einem der Teilnehmer die Vorlage, im echten Raum zeichne ich diese auf ein Flipchart, welches ebenfalls nur für einen Teilnehmer sichtbar ist.
Die Aufgabe: Die dargestellte Zeichnung der Gruppe so erklären, dass jeder Teilnehmer ein Vorlage-ähnliches Bild zeichnet.
Diese Vorlage wurde schon mehrere hundert Male nachgezeichnet.
Auch hier kann Debriefing in mehrere Richtungen gehen:
- was sind Erfolgsfaktoren der Kommunikation
- wer entscheidet, was richtig und falsch ist?
- haben wir vorab eine Definition of done gemacht?
usw.
Viel Spaß dabei!
Diese Palmen-Übung war in dem ursprünglichen Glücksrad mit 15 Moderationsübungen nicht enthalten und ist somit heutiger Bonus :-)
Auch nächste Woche teile ich gern Facilitation Möglichkeiten ohne Technik Schnick-Schnack mit dir :-)
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