7/49: Über Freie und Hansestadt Hamburg

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Meine kleine Nicht heisst Mija, und für die 7 Tage in Hamburg hat sie ein zweiseitiges Programm ausgearbeitet. Sie will alles sehen, was ihr ältere Schwester 2017 sah plus zwei weitere Museen und … das Rathaus.

Ich lebe seit 1992 in Hamburg, und ich war noch nie in Hamburg. Unendlich dankbar für diese Entdeckung begleite ich meinen Bruder und das wissensdurstige Mädchen. Wir werden hochprofessionell und hanseatisch kühl begrüßt und mit den Verboten im Haus bekannt machen. Keine Menschen fotografieren und stets im gleichen Raum sein wie der Hendrik, unser lockiger Begleiter.

Hamburger Rathaus ist durch den Fakt, dass wir ein Staat und eine Stadt sind, besonders. Wir haben halt unsere eigenen Regeln und begrüßen die Staatsgäste mal eben nicht unten sondern oben auf der Treppe. Das gesamte Gebäude wurde von Anfang an elektrisch beheizt, enthält aber in sämtlichen großen Räumen fantastische Kamine – nicht einmal genutzt.

Wände mit Leder tapeziert, damit man besser putzen kann, denn die Herren haben früher viel geraucht. Sie haben wohl auch viel geschwitzt, weil die Roben, die sie tragen mussten, ca. 20 Kilogramm gewogen haben. Und die weißen Kragen, die aussehen, wie ein Schutztrichter, waren in der Tat dafür da, Essensreste anzufangen, damit man die Roben nicht so oft waschen musste…

Über Männer und Frauen

Vielleicht war es gar nicht die Art, die uns die Geschichten erzählt wurden. Vielleicht aber doch. Es drehte sich nämlich sehr viel um Männer und Frauen.

Dass im Rathaus ausschließlich Männer gerierten, und zwar solch emit einem bestimmten Mindesteinkommen, war klar. Die Anekdoten am Rande über die erste Senatorin, derer Portrait aber nicht im anderen Zimmer hängen darf, weil das nur für verstorbene oder 100 Jahre alte ex Stdtoberhäupte ist. Paula Karpinski war die erste Politikerin im Ministerrang einer deutschen Landesregierung. Ihr Portrait darf auf dem Flur bewundert werden.

In dem Empfangszimmer hängen die Portraits der verstorbenen Bürgermeister, unter anderem ein Doppelportrait. Das NDR hat diese und andere Zeichen übrigens auch schon unter dem Emanzipationsbegriff erkundet, ich bin also ganz und gar nicht die erste.

Und die Frauen sind omnipräsent in den Räumen. Als Göttinnen in Rüstung, mit und ohne Flügel. So zum Beispiel die Stadtgöttin Hammonia, in Pelt gekleidet, mit herrlichen Krone und mit einem Steuerrad. Auch andere göttliche Aufpasserinnen sind in den schmucken Räumen zu finden. Es wurde auch eine schöne Broschüre über die „realen und idealen Frauen“ ausgegeben, höchst unterhaltsam. Geschichte lehrt uns so viel.

Zum Beispiel konnten früher nur alte reiche Männer wählen und regieren.

Auf diesem Gebiet sind wir viel weiter.

Über die Zukunft

Wir gehen in den Innenhof, und meine Nichte post vor dem Springbrunnen, Mein Bruder ist artig und macht alles, was sie will. Ich muss schmunzeln.

Es hat gut getan, mich mit der Geschichte der Stadt zu verbinden, in der ich seit 30 Jahren lebe. Zu hören, wie wenig die Stadt bisher erleiden musste. Wie prinzipientreu und freiheitsliebend Hamburg ist. Das ist wohl der Grund, warum ich hier so gern lebe. Freiheit ist nämlich mein höchster Wert, egal welchen Persönlichkeitstest ich ausfülle.

Und das ist – vor dem geopolitischen Hintergrund des Jahres 2023 – ein Gedanke, den ich gern weiter denken will.

Das Leben ist schön.

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