Ich lese im Moment ein Buch von Katrin Sass, und dort wird viel über ihr Leben am und im Theater berichtet, unter anderem auch, wie die Schauspieler sich abends mit Alkohol den Verstand abschalteten. plötzlich waren die Erinnerungen aus meinem Mädchenleben da, wie meine Eltern – aus einem mir absolut nicht nachvollziehbaren Grund – Angst hatten, dass ich Schauspielerin werden möchte, plötzlich waren diese Gespräche am Abendbrottisch da, und plötzlich sollte ich mir Artikel durchlesen, wo etwas ähnliches wie bei Katrin Sass berichtet wurde, es sollte mir klar werden, dass dies auf keinen Fall mein Berufsziel sein kann.
Nimand redete mir aus, Feuerwehrfrau oder Boxerin zu werden. mein Kleinkindtraum, Tramwai-Führerin zu sein, wurde nie dermaßen negativ betrachtet. der Wunsch, Lehrerin zu sein, wurde schlicht ignoriert, aber der nie dagewesene Wunsch, Schauspielerin zu sein, der wurde im Voraus schlecht gemacht.
Was ich über Schauspieler weiß, ist sehr begrenzt. Talent müssen sie haben. und gut aussehen, das ist auch nicht verkehrt. dann gibt es prall gefüllte Sitzreihen, viel Applaus, Verehrer, schöne Kleider, roten Teppich und Blumen. doch ist es das?
Auf der Fahrt nach Hause, da hörte ich mal wieder EOC, und ich dachte dann nach, was so ein Star am Tage wohl macht. wie verbringt der Sven Regener seine Woche? muss er auch mal zur Bank und zur Post? bekommt er auch Mahnung für Abfallgebühren? geht er einkaufen? und den Rest der Zeit? morgens ein Lied komponieren, nachmittags Business Case für das nächste Buch ausrechnen? ich will mich ja nicht in fremde Leben einmischen, aber interessieren würde es mich schon…
Ich wollte nie Schauspielerin werden. Ich war immer genug damit beschäftigt, ich zu sein. Das ist anstrengend genug, wie soll ich da noch andere sein?
Bei Herrn Regener glaube ich persönlich, er lebt ein ganz normales Leben. Mit dem Gang zur Post, dem Einkauf und allem, was dazu gehört. Denn das ist, worüber er erzählt in seinen Liedern, in seinen Büchern. Nur wenn du es selbst tust, wirst du so davon erzählen können. Das glaube ich. Und genau dafür mag ich ihn. Er scheint auch mehr damit beschäftigt zu sein, er selbst zu sein, als mit dem Versuch, andere zu sein und von ihren Leben zu erzählen. Das ist gut so.
hallo Nika,
jetzt weiß ich auch, warum meine Gedanken diesen Sprung hatten… Recht hast du, der Herr Regener flucht bestimmt auch über die Flaschenpfandmaschine und den Briefmarkenautomaten… damit beschäftigt zu sein, man selbst zu sein, ist eine schöne Formulierung. mit der beschäftige ich mich jetzt auch :-)
uns ist kürzlich ein Schauspieler über den Weg gelaufen – in der Tierhandlung. Er sprach uns an – da wussten wir noch nicht dass er Schauspieler ist – und wollte wissen ob wir uns mit Fischen auskennen. Ja – klar, schließlich haben wir ein Aquarium. Es stellte sich im weiteren Gespräch heraus, dass er gerade aus Berlin hierher gezogen ist um zusammen mit der Medienhochscule ein Projekt zu machen, in dem er eine Rolle spielt in der er mit einem Fisch kommunizieren soll … und jetzt sucht er einen Fisch um sich auf die Rolle vorzubereiten … wahre Geschichte!
Hi…ich würde Dir die Thadeusz-Sendung im RBB ( Dienstags nach 22 Uhr) zu der Frage: was müssen Schauspieler können empfehlen.
Dort hat mal einer auf die Frage, ob Schauspieler besonders klug sein müssen geantwortet, nö…
Für mich plausibel…man hat ja eher großen respekt vor diesen leuten, weil sie viel in der Öffentlichkeit stehen und
so komplizierte Sachen, wei Shakespeare spielen dürfen/ können. Als Schüler mußte ich über die meisten Sätze von S. viel nachdenken und habe sie denoch nicht verstanden. Heute schon eher, kommt wohl mit der Lebenserfahrung. Vieles hat man dann eben schon durchlebt.
Ich glaube Schauspieler müssen “nur” Emotionen die gefragt sind, umsetzen. Das schlaucht wohl so, als ob man sie tatsächlich gerade durchlebt.
Ansonsten stelle ich mir das Leben so vor…das man eben nie weiß, wann der nächste Auftrag kommt, also quasi muß man ein Leben in sehr unregelmäßigen Bahnen sehr gut abkönnen.
Katrin Sass mag ich…lies auch mal die Bio von A. Domröse und vor allem Eva Strittmatter. Die gibt eine Art Interview über ihr Leben und sagt viel übers Schreiben und Künstlerleben.
VG