Um die Welt zu verändern, müssen wir zuerst uns selbst verändern

Petranovskaja Petersilie

Das Buch, das ich gerade zu Ende lese, erzählt mir eine Wahrheit, die ich – und viele andere menschen – längst spüren und teilweise auch aussprechen. So, wie wir bisher gelebt, gearbeitet, gewirtschaftet haben, geht es nicht weiter. Wir können noch eine Weile das tote Pferd weiter reiten, doch dabei würden wir uns nur selbst belügen.

Das Buch bietet auch eine Lösung, eine mögliche Lösung. Um die Welt zu verändern, müssen wir zuerst uns selbst verändern – und dann müssen wir die Geschichten ändern, die wir über uns erzählen.

Resonanz.

Sharon Blackie schreibt so schön, dass ich mit Freude bereit bin, mir unbekannte englischen Wörter – teilweise irischer Abstammung – nachzuschlagen. Das Buch mit dem Titel „Wenn Frauen Wurzeln schlagen“ erzählt von ihren vielen Umzügen. Resonanz. Es erzählt von Beziehungen, die immer wieder zu Ende gegangen sind. Resonanz. Über die Erkenntnis, dass wir eine Lektion immer wieder vorgesetzt bekommen, bis wir sie lernen.

Resonanz.

Das Buch erzählt auch, dass mein Gefühl, entwurzelt zu sein, nicht nur mein Gefühl ist. Es ist ein Gefühl vieler Frauen, die jetzt irgendwo zwischen Mitte vierzig und Mitte sechzig sind. Wir sind die Generation (von Frauen), die – wenn wir Wurzeln schlagen – die Welt verändern können.

Ein Frühling und die Petersilie

Ich sitze im Kräutergarten und weine. Die Petersilie will nicht aufgehen. Mehrere Male habe ich die Samen eingeweicht, vorgezogen, liebevoll in die Erde gesetzt. Auch kleine Setzlinge aus dem Gartencenter siechen daneben. Die Petersilie will hier nicht wachsen, und ich weine nicht deswegen. Ich weine mehr aus Freude, weil die Petersilie mich an etwas sehr wichtiges erinnert.

Auch ich kann nur dort wachsen, wo die Umstände, die Menschen, die Energie zu mir passen. Zu oft habe ich mir in den Kopf gesetzt, dass es irgendwie passt – dass ich mich schon anpassen werde. Dass es ok ist, wenn ich mich anpasse. Das war nicht ok, und es hat nicht funktioniert. Wie die Petersilie, bin ich dahin gesiecht.

Nun habe ich die Lektion gelernt. Was immer ich mir in den Kopf setze (danke, deutsche Sprache für diese unglaublich treffende Formel!), kann total daneben gehen, wenn mein Herz nicht zustimmt.

Ich ergebe mich dieser Lektion und hoffe, dass ich sie nun gelernt habe. Seit Anfang 2023 reise ich, meine Sachen im Storage werden immer weniger. Kleidung, die ich nicht mehr brauche. Haushaltsgegenstände, die meine Kinder in ihrem neuen Leben genießen können. Ich (mein Kopf) wollte am Meer leben. Stattdessen bin ich seit März in einem Schloss in Belgien, und schon lange ging es meiner Petersilie-Seele nicht mehr so gut.

Resonanz.

Die Umstände, das Umfeld, die Menschen, die Aufgaben, die Energie. Alles ist perfekt.

Um die Welt zu verändern, müssen wir zuerst uns selbst verändern – und dann müssen wir die Geschichten ändern, die wir über uns erzählen

Das genaue Zitat von Sharon Blackie lautet:

“The world which men have made isn’t working. Something needs to change. To change the world, we women need first to change ourselves – and then we need to change the stories we tell about who we are. The stories we’ve been living by for the past few centuries – the stories of male superiority, of progress and growth and domination – don’t serve women and they certainly don’t serve the planet. Stories matter, you see.”

Was sie sagt, trifft mitten ins Herz. Sie meint: Die Welt, wie sie über Jahrhunderte von männlich geprägten Geschichten gestaltet wurde, funktioniert nicht mehr. Frauen müssen sich erinnern – an sich selbst, an ihre Kraft, an neue Geschichten. Denn alte Geschichten haben uns klein gehalten. Neue können uns frei machen.

Es geht also viel tiefer hinein in das, was mich im Moment so sehr bewegt. Das Ende der Realität in der ich aufgewachsen bin und das Öffnen der Augen auf die Welt hinter den Spiegeln, wie für Alice im Wunderland. Das, was ich für Wahrheit hielt, ist nur teilweise Wahrheit. Es gibt noch mehr, und meine Intuition weiß das längst.

Es ist plötzlich eine Aufgabe, eine Frau in ihren 50ern zu sein. Nicht ‚ausgedient‘ – keine Kinder mehr zu versorgen, die Karriere schon fast fertig gedacht. Und doch lande ich wieder auf dem START-Feld. Im Spiel des Lebens. Mit der Petersilie-Lektion und frischen Karten.

Resonanz.

Awakening

Mein Körper freut sich, mein Herz freut sich. Und eigentlich habe ich mich nicht verändert.

Ich habe mich besinnt. Ich habe mich an etwas erinnert, was verschütt gegangen ist. Ich habe meine Augen geöffnet und Dinge gesehen, die nun nicht mehr unerkannt bleiben können.

Das nennt man – so wie ich es verstehe – Awakening.

Diese Lektion – die Lektion der Petersilie – war mein Weckruf.
Ich konnte nicht wachsen, und ich sollte erkennen, wo ich wachsen kann.
Und plötzlich wurde klar: Ich war nie verloren. Ich war verpflanzt.

Ich kann nun Wurzeln schlagen.

Resonanz.

Ich schreibe wieder mehr. Das einzige, was sich in meinem Storage vermehrt, sind Bücher. Die, die ich gelesen habe und meine Notizbücher. Passt. Im Unterschied zu einem Fahrrad reisen meine Bücher leicht mit. Sie passen in jeden Neuanfang.

Und nun beginne ich, meine Geschichten zu erzählen – nach und nach, im Rhythmus der Jahreszeiten, im Geist dessen, was Sharon Blackie so kraftvoll erinnert hat: Dass wir unsere eigenen Geschichten gestalten können.

Àṣẹ

PS: Mein treuer Begleiter in den Zeiten des Umbruchs ist der Wegweiser im Wunderland – ein Arbeitsbuch mit Erinnerungen, Impulsen, Übungen für Resilienz, Gelassenheit, Besinnung. Kostenlose Leseprobe kannst du dir gern HIER ABHOLEN.

nadja petranovskaja Unterschrift signatur

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