21/49: Vergebung üben auf eine unkonventionelle Weise

petranovskaja vergebung

Vergeben, verzeihen, loslassen, vergessen… An so vielen Stellen des Lebens sind diese Prozesse hilfreich und heilsam. Stress im Büro, Streit mit der Schwiegermutter, lautes Hupen auf der Straße. Es passiert schnell, dass wir uns ungerecht behandelt, falsch verstanden oder unfreundlich bedient fühlen. Alle Gefühle, die dann in uns hochkommen – Ärger, Wut, Hass, selbst in den kleinsten Mengen – sind nicht gut für uns. Weder für den inneren Frieden noch für unseren Stoffwechsel. Ja, Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass “sauer sein” und eine Übersäuerung des Körpers direkt zusammenhängen.

Vergeben hat mit GEBEN zu tun

Ich lasse mich normalerweise nicht ärgern und kann sehr schnell vergessen und loslassen. Doch es gibt Situationen, in denen ich mein friedliches und freundliches Gemüt nicht mehr mit mir-selbst-gut-Zureden beruhigen kann. Und so hängt bei mir seit drei Jahren ein Ärger rum. So richtig doll mit Anwalt und Gerichtsvollzieher. Weil eine Person sich erlaubt hat, mir etwas zu versprechen und weil ich – im Vertrauen – mündlich zugesagt habe, auf das versprochene Geld zu warten.

Big mistake. Big. Huge.

– aus „Pretty Woman“

OK, sagte ich mir dann monatelang. Du hast eine Lektion gelernt. Alles immer schriftlich machen. Das half nicht. Ich träumte nachts davon, der Person die Autoreifen durchzustechen oder ihre Eingangstür mit Bauschaum zuzukleben, damit sie nicht zur Arbeit kann. Ich wollte ihrem Arbeitgeber schreiben, der Bild Zeitung, der ganzen Welt.

Doch das wäre gar nicht ich, die das täte, das wäre meine Wut, meine mich von innen auffressende Enttäuschung.

Puh, sagte ich mir dann. Lass los. Entspann dich. Vergiss es einfach. Es ist passiert, und gut ist.

Es half nicht.

Ich habe meditiert. Alle möglichen Coaching-Übungen ausprobiert. Irgendwas fehlte. Ich habe nach Ritualen gesucht, mit Verbrennen und Wegschicken. Doch die bekloppten Gedanken und Gefühle klebten an mir.

Und dann kam die Nadja in mir durch, mit all dem Unkonventionellen. Und ich habe mir das Wort „VERGEBEN“ groß auf eine Seite Papier geschrieben und es angeschaut.

Und was guckte mich an?

Geben.

Es ist ein offenes Geheimnis, wie sehr ich die deutsche Sprache liebe. Sprich, dass Loslassen hat nicht nur mit dem lassen zu tun, sondern auch mit dem aktiven Geben. Ich gab nicht auf und suche in mir nach Kraft und nach Energie, die ich der anderen Person geben kann. Denn ich glaube daran, dass ich dadurch zum einen mir selbst helfen kann, im Flow und in der Kraft zu bleiben. Und zum anderen glaube ich daran, dass die Person, der ich erlaube, frei von Schuldgefühlen zu leben, Niemand anderem etwas antun wird.

Was soll ich bloß der Person geben, der ich verzeihen möchte? Diese Frage stelle ich mich in den letzten Tagen, denn die Person, der ich verzeihen möchte, wohnt hinter der Wand meines Schlafzimmers. Und es geht gar nicht mehr darum, was diese Person mir angetan hat. Es geht vielmehr darum, was ich daraus mache. 

Ich wurde meine Wut und meine Enttäuschung nicht los, weil ich sie bloß abzuschütteln versuchte, jedoch war war ich nicht bereit, etwas zu geben. Niemandem, nicht mal mir selbst.

Unkonventionelle Lösung

Im Coaching nennen sich solche Vorgehensweisen paradox. Der Sinn davon ist, etwas so überraschendes zu machen, dass die betroffenen Personen oder Abläufe aufgerüttelt und aufgeweckt werden.

In der RTL Serie unbreakable ging es für manche Kandidaten auch um Vergebung, für teilweise viel krassere Taten als meine. Auch da habe ich paradoxe Interventionen angewendet, damit das Denken aus dem Karussell der bisherigen Versuche aussteigen kann. Und im Nachhinein habe ich die Nachrichten bekommen, dass es den Kandidaten tatsächlich geholfen hat, zu vergeben.

Schuster und seine Leisten, auch Nadja brauchte eine paradoxe Intervention. Und meine bestand aus zwei Teilen. Teil eins: ich ging in die Stadt und suchte nach einem Geschenk, welches ich dieser person gern übergeben möchte. Jedes Mal, wenn ich etwas in den Händen hielt und daran dachte, für wen ich das kaufen möchte, merkte ich , wie die Kraft des GEBEN mir half, nach vorne zu blicken.

Ich habe eine Badebombe gekauft. Eine richtig schöne, mit Farben und Glitzer – wie ich sie selbst am liebsten habe. Und ich habe sie mit einem Lächeln gekauft.

Teil zwei war auch für mich selbst eine Überraschung. Ich wollte etwas Spirituelles tun und ging … in einen Hexenladen. Natürlich hieß der Shop anders: Practical Magic. Und drin war es eher nüchtern und hell. Ich fand was ich suchte: Steine. Eine besonders für das Vergeben geeignete Art, und diese Steine liegen in meinem Trinkglas und laden es mit der passenden Energie auf. Jawohl, das ist jetzt so richtig esoterisch, und – paradox wie es ist – wirkt es vielleicht gerade deswegen, weil ich mir des Placebo-Effekts sehr bewusst bin. Ich nutze die Steine als einen visuellen Anker, und bei jedem Schluck am heutigen Tag dachte ich daran, dass och morgen die Badekugel und den Brief übergeben möchte. GEBEN.

Es hilft.

Und weil es hilft, bin ich dankbar und entspannt. Und weil ich dankbar und entspannt bin, kann dich die anderen Dinge des Lebens viel besser beschicken.

Magie hin oder her, mein Leben ist viel schönes ohne Enttäuschung und Wut. Also ohne so eine sinnlose Wut.

Und du so? Kannst du gut vergeben? Loslassen? Verzeihen?

Bin gespannt, wie das Leben danach ist.

nadja petranovskaja Unterschrift signatur

PS: Auch das Vergeben als aktiver Akt des inneren Aufräumen eignet sich prima für die Teilnahme am INNER CIRCLE, meinem exklusiven Mastermind Programm. Eine Gruppe startet immer dann, wenn wir die 6 Personen zusammen haben.

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